Loyal Radicals

Loyal Radicals

Erinnert Ihr Euch noch an KODAK? Einst Pionier der Fotografie und später Jahrzehnte lang einer der Branchenführer. Doch 2012, im 120. Jahr der Firmengeschichte, musste KODAK Insolvenz anmelden. Was war passiert? Das traditionsreiche Unternehmen hatte den tiefgreifenden Umbruch zur Digitalkamera schlicht zu spät erkannt. An KODAK lässt sich sehr gut illustrieren, in welche Gefahren große Unternehmen oder Organisationen geraten können. Allein auf die Zahl ihrer Mitarbeitenden, Produktions-stätten oder Filialen zu vertrauen kann zur trügerischen Sicherheit werden, stellen doch in der VUCA-Welt weder Quantität noch eine lange Firmengeschichte eine Bestands-garantie dar. VUCA steht für: volatility, uncertainty, complexity und ambiguity; zu deutsch: Volatilität/Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit.
 Heute arbeitet Kodak mit ca. 5.800 Mitarbeiter*innen in einem Nischenmarkt. 

Das Beispiel von KODAK zeigt, dass alteingesessene Unternehmen es zunehmend schwer haben mit dem Tempo der Veränderungen Schritt zu halten. Unternehmen mit einem hohen Bürokratisierungsgrad und vielen Entscheidungsebenen agieren oft behäbig oder umständlich. Sie drohen abgehängt zu werden, weil viele sich tendenziell stärker mit sich selbst beschäftigen anstatt konsequent vom Kunden her zu denken. Märkte unterliegen heute starken Veränderungsprozessen, und Kundenwünsche und Nutzerverhalten sind immer weniger kalkulierbar. Getrieben durch den techno-logischen Wandel werden Produktzyklen immer schneller, erfordern stärkere Sensoren für den Markt, flachere Strukturen, eine agile Unternehmenskultur, kollaborative Formen der Zusammenarbeit und andere Werte in der Führung. Es kommt immer stärker darauf an, die richtigen Mitarbeiter*innen an Bord zu haben, die Veränderungen gegenüber mindestens unvoreingenommen eingestellt sind; besser noch den Wandel voranbringen.

Die ´richtigen` Mitarbeiter* innen?

Die amerikanische Psychologin Carol S. Dweck unterscheidet die Denkweisen von Menschen mit einem „fixed mindset“ von denen mit einem „growth mindset“. Dwecks 2006 erschienene Studie „Mindset“ (dt.: Haltung, Einstellung) widmet sich der interessanten Frage, warum manche Menschen sich in Herausforderungen hinein-stürzen, während andere sie fürchten. Zieht die Kultur eines Unternehmens vorrangig Menschen mit einem „fixed mindset“ an, denen Sicherheit und Struktur wichtiger sind als Flexibilität und Kreativität, dann tragen diese Mitarbeiter*innen in erster Linie zur Stabilität des Systems bei, aber fürchten Veränderungen und bremsen sie aus. Für Menschen mit einem „growth mindset“ beginnt die Attraktivität dieser Systeme hingegen zu sinken. Zum einen hat ein solches Unternehmen größere Mühe Mitarbeiter*innen von außen zu finden, die intrinsisch motiviert sind, für das Unternehmen brennen und mehr geben als das, was von ihnen erwartet wird. Zum anderen ist ein Zeichen negativer Dynamik, wenn die im System befindlichen innovativen Mitarbeiter*innen mit einem ́growth mindset` mit der Unternehmens-kultur beginnen zu fremdeln oder empfinden, dass ihr Engagement nicht ausreichend wertgeschätzt oder gefördert wird. Sie gehen innerlich in die Emigration und verlassen das Unternehmen nach vergleichsweise kurzer Zeit wieder.

Bevor ich auf Carol S. Dweck aufmerksam wurde, bezeichnete ich die beiden Gruppen von Menschen mit meinen eigenen Worten als Nomaden und Sesshafte und vertrat die These, dass sie kaum Berührungspunkte miteinander und sich wenig zu sagen haben. Paul-Michael Zulehner beschrieb 2006 in einem Interview des Magazins zeitzeichen, dass die spirituelle Suche vieler Menschen - der Nomaden - nahezu vollständig an den Kirchen vorbeigeht, vermutlich weil ihnen hier offenbar ein Habitus der Sesshaftigkeit begegnet. 

Diese Dynamik beschreibt meinen Beobachtungen nach auch die Kirche, die trotz ihrer Eigenart nur unwesentlich anders als andere Organisationen oder Unternehmen funktioniert. Sie konkurriert z.B. im Wettbewerb um theologischen Nachwuchs mit vielen anderen Branchen und Berufen, die häufig eine größere Kreativität versprechen. Den wenigen Schulabgängern eines Jahrgangs steht heute eine immer breit gefächerte Auswahl von Studienfächern oder Ausbildungsberufen offen. Doch selbst unter kirchennahen Abiturienten, die potenziell Theologie studieren und ins Pfarramt gehen könnten, gilt Kirche offenbar nicht als sonderlich attraktiver Arbeitgeber. So verursacht die Kirche selbst einen Braindrain junger Erwachsener, weil diese in der Kirche keine Zukunft sehen und die Freiräume nicht finden, in denen sie ihre Ideen verwirklichen können. In meiner Heimatstadt Berlin gibt es eine bunte Szene neu gegründeter Gemeinden, die sehr erfolgreich in den drei SINUS-Milieus der C-Säule arbeiten – also: Expeditives Milieu, Milieu der Performer und Adaptiv-pragmatisches Milieu. Es sind beileibe nicht nur Gemeinden mit einer evangelikalen Theologie. Einige werden von Theologinnen und Theologen geleitet, die ursprünglich in der Evangelischen Kirche beheimatet waren. Als junge Erwachsene entschieden sie sich Theologie zu studieren, aber nicht an einer evangelischen theologischen Fakultät und nicht mit der Perspektive ins Pfarramt zu gehen. Trotz schlechterer Gehaltsperspektiven und größerer Risiken reizte es sie viel mehr, als Ecclesiopreneure neue Sozialformen christlicher Gemeinschaft neben der Kirche zu gründen, weil es in der Kirche bislang keine Möglichkeit dazu gab.

Modernisierung reicht nicht

Modernisierung reicht nicht

 Modernisierung reicht nicht

Systemisch gesehen ist ein Organismus gefährdet oder womöglich über kurz oder lang sogar in seiner Existenz bedroht, wenn dessen Sensoren für die Veränderung seines Kontextes nur schwach ausgebildet sind, die von außen auf das System einwirkende Transformation falsch interpretiert wird oder wenn der Organismus sich vollziehende Veränderungen nicht wahrhaben will. Nun gibt es in der Kirche ja durchaus die Einsicht, das sich „etwas“ ändern muss, aber wie dieses „etwas“ konkret aussieht, das wird kontrovers diskutiert. Kontroversen auszutragen ist an sich auch nicht schlecht. Es fällt jedoch auf, dass Erneuerung fast ausschließlich innerhalb des an vielen Orten kriselnden Parochialsystems versucht wird anzustoßen. Meiner subjektiven Einschätzung nach kommt für manche dieser ´Patienten` jedoch jede Hilfe zu spät – vor allem in jenen Parochien, in denen der kontinuierliche Strom, der in guten Zeiten durch Generationenfolge oder durch Zuwachs von außen automatisch für Erneuerung sorgt, bereits vor geraumer Zeit austrocknete und zum Stillstand gelangte. Bei anderen lohnen sich Interventionen noch. Um dies objektiv beurteilen zu können, brauchen wir valide und transparente Kriterien, anhand derer wir die Vitalität bzw. Agilität von Gemeinden messen können. Dies wäre ein Baustein für ein System von Qualitätsentwicklung. 

Dennoch greift dieser Modernisierungsansatz allein zu kurz. Das Parochialsystem ist ergänzungsbedürftig, und so rege ich an, in allen EKD-Gliedkirchen ein weites Dach zu spannen, damit Erneuerung extra muros, also jenseits des Systems wachsen kann. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) mit ihren Erprobungsräumen ist Vorreiter und zeigt, wie es gehen kann. Dort keimen neue Sozialformen des christlichen Glaubens auf, wo die Kirche nicht mehr oder noch nie präsent war – aber nicht als freikirchliche Gemeindegründung und als private Initiative von Christinnen und Christen ohne jegliche Anbindung an bestehende kirchliche oder ACK-Strukturen, sondern mit Förderung und Begleitung der Landeskirche. Die EKM sammelt neue Erfahrungen, experimentiert, öffnet neue geistliche Erfahrungsräume für individuelle Sinnsucher*innen jenseits bestehender Strukturen, und leistet einen erkennbaren Beitrag zur kirchlichen Bindung junger Erwachsener.

Angestellte Unternehmer im Unternehmen: Intrapreneure

Diese Herangehensweise nennt die Ökonomie Intrapreneurship. Intrapreneurship bedeutet eine Startup-Kultur im Unternehmen zu schaffen; einen Makers Space einzurichten. Das heißt nicht, dass Menschen mit besonderen Begabungen eine Spielwiese bekommen, sondern Intrapreneurship ist vorrangig eine strategische Entscheidung und Aufgabe. Durch Intrapreneurship will ein Unternehmen ein innovationsfreundliches Klima schaffen, die sich durch einen offenen und transparenten Umgang mit Informationen, kurze Entscheidungswege, Partizipation und Fehlerfreundlichkeit auszeichnet. Auch Scheitern kann ein Gewinn sein, beinhaltet es doch die Chance etwas zu lernen. 

Intrapreneure sind Unternehmer innerhalb eines Unternehmens. Sie sind Angestellte mit unternehmerischer Leidenschaft. Sie beschäftigen sich nicht mit der Optimierung bestehender Prozesse, sondern entwickeln jenseits der Linienorganisation mit klarem Mandat der Leitung neue Dienstleistungen und Produkte. Sie haben dafür einen weiten Rahmen zum Experimentieren, in dem sie Ziele im Sinne des Unternehmens selbst setzen können und engagiert verfolgen. Wer sich in unübersichtlichem Gelände zurechtfinden muss, zeichnet sich häufig durch bestimmte Charaktereigenschaften aus, die man nur bedingt erlernen kann: Kreativität, Risikofreude, unternehmerischer Ehrgeiz, Zielstrebigkeit, Resilienz, Selbstorganisation, Teamorientierung und Kostenbewusstsein. Es mag herausragende Einzel-Intrapreneure geben, aber Innovation entsteht i.d.R. in heterogenen Teams. Jedoch muss die Chemie zwischen den einzelnen Mitgliedern des Teams stimmen. Intrapreneure sind ´Loyal Radicals`. Als Teil einer Organisation ist es ihre besondere Aufgabe die Organisation gegen den Strich zu bürsten und mitunter den Finger in die Wunde zu legen. Sie sind der Stachel im Fleisch, die personifizierte und zugleich konstruktive Kritik am Establishment. Es darf weh tun. Intrapreneure brauchen Fürsprecher in der Leitung, die ihnen den Rücken freihalten, und selbst ein dickes Fell, denn sie sitzen oft zwischen den Stühlen. Die Wortschöpfung ́Loyal Radicals` stammt übrigens nicht aus der Businesswelt, sondern von Bob Hopkins, einem der Wegbereiter von Fresh Expressions of Church in der Anglikanischen Kirche.

Übertragen auf Kirche bedeutet das: Intrapreneure suchen mit dem Segen bzw. im expliziten Auftrag der Kirchenleitung neue Wege in der Kommunikation des Evangeliums, öffnen unkonventionelle Räume geistlicher Erfahrung und sollen neue Sozialformen von Kirche hervorbringen. Sie sind gesandt vom System an den Rand oder ins Neuland. Insofern sind Intrapreneure Missionare und nicht nur Strukturreformer. In ihrer Andersartigkeit fühlen sie sich innerhalb des kirchlichen Mainstreams oft unverstanden und fremd. Doch in der Anglikanischen Kirche hat man diese Haltung als geistliche Gabe begriffen und bezeichnet sie als ´the gift of not fitting in`. Die Arbeit dieser unkonventionellen Unruhegeister ist erfolgreich, wenn Kirche in Kontexten, in denen sie kaum präsent war, Neugier bei Menschen auslöst, diese womöglich einen Zugang zum Glauben finden und der Grad an struktureller Diversifizierung steigt. 

Kritiker mögen einwenden, dass zwei Kulturen nebeneinander wachsen, eine Wettbewerbssituation entsteht und Intrapreneure das bestehende System unter Druck setzen. In Wahrheit geht es aber nicht darum, die Parochie gegen die neuen Sozialformen und umgekehrt auszuspielen, sondern diese Spannung kreativ für die Weiterentwicklung und das Aufblühen des gesamten Systems zu nutzen. Denn Intrapreneure schaffen lernende Systeme. So können ihre Erfahrungen auch dazu beitragen, dass klassische Gemeinden größere Agilität entwickeln. Agilität entsteht nicht durch Appelle oder kluge Beschreibungen, sondern durch learning communities

Intrapreneurship ist auch ein Weg, um Mitarbeiter*innen mehr Freiheit und Entwicklungsspielräume zu geben, sie und ihr spezifisches Knowhow im Unternehmen zu halten. Intrapreneure sind Menschen, die oft weit mehr geben als sie müssten. Sie stehen in der Gefahr sich zu überfordern und selbst auszubeuten. Deswegen sollte Mentoring systematisch auf allen Ebenen implementiert werden. Auf diese Weise kann ein Unternehmen auch frühzeitig erkennen, wann ein Intrapreneur droht auszubrennen, Tendenzen entwickelt das Unternehmen zu verlassen oder das Experiment, an dem er arbeitet, in eine Sackgasse führt und sich als nicht realisierbar erweist.

Was Teams von Intrapreneuren erfolgreich macht 

Intrapreneure brauchen Teams. Google, erst 1998 gegründet, ist aktuell nach Apple das zweitgrößte Unternehmen der Welt. Google zeichnet sich durch einen hohen Grad an Agilität und Intrapreneurship aus. 2018 veröffentlichte Google die Ergebnisse seines „Aristoteles Projekt“. Psychologen, Soziologen, Statistiker und Ingenieure forschten zwei Jahre nach den Ursachen, was Teams erfolgreich macht. Es ist nicht der Grad an kreativen Freiräumen. Vielmehr kristallisierten sich am Ende folgende fünf Prinzipien heraus: 

1)     Psychologische Sicherheit: Bin ich als Mensch, so wie ich bin, angenommen und wertgeschätzt? Kann ich offen aussprechen, was ich denke – auch in Anwesenheit von Chefs oder seien es auch nur halbgare Ideen? Kann ich mich verletzlich zeigen? Können wir im Team Risiken eingehen, ohne uns unsicher zu fühlen? Ist es okay um Hilfe zu bitten? Wird respektvoll und ermutigend kommuniziert?

2)     Verlässlichkeit: Können wir uns darauf verlassen, dass jedes Team-Mitglied seinen Teil zur Zielerreichung pünktlich beiträgt und sein Bestes gibt? 

3)     Struktur und Klarheit: Sind die Ziele, die Rollenverteilung und die Prozesse im Team klar mitein-ander vereinbart? 

4)     Sinn, higher purpose: Arbeiten wir an etwas, das jedem Teammitglied einleuchtet, persönlich wichtig ist und einen Mehrwert schafft? 

5)     Einfluss: Glauben wir daran, dass unsere Arbeit bedeutsam ist? 


Teams, die diese Kultur beherzigen und leben, sind im Vergleich mit Teams, in denen Spannungen bestehen und Konflikte schwelen, erfolgreicher und übertreffen ihre Ziele häufig. Wichtig ist auch Erfolge zu feiern.

Wie findet man Intrapreneure und fördert sie? 

Im bewussten Überschreiten von Systemgrenzen und im Versuch, Konträres zusammen zu denken (Loyale Radikale!), entsteht Innovation. In Berlin besteht reichlich Gelegenheit, fremde Kontexte kennenzulernen, in sie einzutauchen und zu versuchen ihnen ihr Geheimnis zu entlocken. Für mich als kirchlicher Mitarbeiter war es interessant, vor einigen Jahren Kontakt zur ´Szene` der Social Entrepreneurs zu bekommen. Dadurch lernte ich auch das Social Impact Lab in Kreuzberg kennen, ein Gründerzentrum für soziale Startups. Dort entstand z.B. 2013 querstadtein– eine kleine Organisation im Bildungssektor, die Stadtführungen durch ehem. Obdachlose und durch Geflüchtete in Berlin und Dresden anbietet und inzwischen mehrfach ausgezeichnet wurde, u.a. bei „Land der Ideen“. Von 2017 bis 2019 hatte ich Gelegenheit im Vorstand von querstadteinmitzuarbeiten. Dadurch sammelte ich weitere Erfahrungen mit der „Startup-Denke“ und gewann wertvolle Kontakte. 

Wenn ein Team von Leuten eine Idee für ein Geschäftsmodell hat, mit dem ein soziales oder ökologi- sches Problem gelöst werden könnte, und den Gedanken verfolgt ein Unternehmen zu gründen, kann sich das Team beim Social Impact Lab für einen Pitch anmelden. Im Lab finden Pitches in regelmäßigen Abständen statt; i.d.R. drei Mal pro Jahr. Es gibt Workshops zur Vorbereitung von Pitches, denn nicht jeder verfügt bereits über Erfahrungen mit Pitches aus seinem beruflichen Kontext. An einem Pitch, der übrigens öffentlich ist, können zehn Teams teilnehmen. Fünf haben die Möglichkeit eine Art Stipendium für ein Coaching im Lab zu gewinnen. Jedes Team muss innerhalb von wenigen Minuten seine Idee verständlich und prägnant vortragen und sowohl eine Expertenjury als auch das Publikum von seiner Idee, aber auch von sich selbst überzeugen. Teams, die im Pitch das Rennen machen, werden in den folgenden Monaten durch Experten in einem strukturierten Prozess darin begleitet, ihre Idee weiter ´auszubrüten` und mit professioneller Unterstützung zu einem tragfähigen Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Das Lab stellt den Teams ein Büro zur Verfügung (es besteht 20 Stunden pro Woche Anwesenheitspflicht) und bringt sie mit Experten zusammen, die über Kompetenzen z.B. in der jeweiligen Branche, im Marketing, in finanziellen oder rechtlichen Fragen verfügen. 

Finanziert wird das Lab etwa durch die KfW, SAP oder andere DAX-Konzerne im Rahmen ihrer Corporate Social Responsibility. Dabei ist der Finanzbedarf überschaubar – viel wichtiger ist das Netzwerk, zu dem die Startups durch diese Partnerschaften im gewerblichen Sektor Zugang erhalten. Das Lab ist eine Erfolgsgeschichte, denn bei nur etwa 5% der Initiativen, die einen Pitch gewonnen haben, stellte sich im anschließenden Coaching heraus, dass die Idee sich nicht zu einem tragfähigen Geschäftsmodell weiterentwickeln ließ. Norbert Kunz, der Gründer und Leiter des Social Impact Lab, wurde zum Ashoka-Fellow berufen. Ashoka ist ein globales Netzwerk von Changemakern; unter ihnen auch einige Nobelpreisträger. Unter den ca. 3.500 Fellows sind nur 50-60 Deutsche.

Das Social Impact Lab könnte ein Modell für ein kirchliches Innovation-Hub sein. Allein die Einrichtung eines solchen Hubs und die Möglichkeit sich an einem Pitch beteiligen zu können würde helfen, dass sich die in der Kirche gewiss vorhandenen Intrapreneure aus der Deckung wagen, weil ihnen signalisiert wird: Experimente und neues Denken willkommen! Der Vorteil von Pitches gegenüber dem Einreichen schriftlicher Konzepte bei kirchlichen Gremien, womöglich noch mit Hilfe vorgefertigter Formulare, liegt für mich in größerer Lebendigkeit: Man erlebt die Teams in Aktion und wie sie präsentieren. Es ist Dialog möglich, und Redundanz wird vermieden, da die Pitchenden sich auf das Wesentliche konzentrieren müssen. Sie können ihre Gründer-Qualitäten gleich unter Beweis stellen. 

Vorsicht: Falle!

Wichtig wird sein, dass Kirchenleitungen nicht der Versuchung erliegen, zu sehr steuern zu wollen, wie sie es institutionell gewohnt sind. Die Logik einer Institution kann zarte Pflänzchen der Innovation leicht gefährden. Freiräume und Zutrauen sind die Währungen – sowohl für einzelne Startups, aber auch für das Hub. Zweifelsohne muss auch ein Hub verantwortlich mit den ihm zur Verfügung gestellten Ressourcen umgehen. Eine zweite Falle ist, dass leicht mit unterschiedlichem Maß gemessen wird, denn nicht selten wird im Bezug auf die Wirksamkeit und die Reichweite bei neuen Sozialformen christlicher Gemeinschaft kritischer hingeschaut als bei klassischen Parochien, die ihre Existenz nicht begründen bzw. rechtfertigen müssen. Insofern kann leicht ein Ungleichgewicht von Erwartungen zu Lasten neuer Sozialformen entstehen. 

Wandern zur Laguna Cerro Castillo

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